Montag, 27.11.2017
Für die nächsten 2 Wochen sind das ZfG (1) in Götz und das ÜAZ (2) in Brandenburg die Lern- und Arbeitsorte der Achtklässler. (INISEK I-Projekt*)
Nach der Einweisung und der notwendigen Belehrung erfolgte die Ausgabe der Arbeitskleidung – Latzhose und Sicherheitsschuhe. Früher waren das für mich Arbeitsschuhe. Sicherheit geben sie auf jeden Fall, zumindest für die Füße. Dass diese Schuhe nicht unbedingt etwas mit Arbeit zu tun haben müssen, davon konnte ich mich am ersten Praktikumstag überzeugen. Während die Mädchen auf allen Vieren, im überdimensionierten Sandkasten, die Gehwegplatten (?) in die richtige Lage brachten, hielten sich einige Jungs an den “Stampfern” fest. Förderlich waren die gestylten Fingernägel (eines Mädchens!) dabei vielleicht nicht, sahen aber schön aus.
Gleich nebenan werkelten die „Maurer“. Halbstein-Läuferverband war das Ziel des Tages. Entgegen des Wortlautes dieses Mauerwerks konnten weitestgehend „ganze“ Steine verarbeitet werden. Und zu laufen war auch nicht so viel, höchstens bis zur Maurerwanne und zurück zum Verband. Am ersten Tag ließen sich die kleinen Maurer noch nicht von der „Fluchtschnur“ inspirieren, das Herumgemansche war ja mal was anderes. Wie das in den nächsten Tagen aussieht, wird man sehen.
Die dritte Gruppe fand sich in der Werkstatt der Fliesenleger ein. Auf dem Tisch stand eine Art Rubik’s Cube (Zauberwürfel) für Faule. Augenscheinlich Endprodukt der Fliesenlegearbeiten. Fünf mal fünf Fliesenteilchen auf einer Seite mal sechs Seiten – so die meisterlich verordnete Rechenaufgabe! „150!“ Zum Glück hatten wir Theo, denn die Dyskalkuliker hatten ausgerechnet heute keinen Taschenrechner dabei. Das Cube-Grundgerüst besteht aus Styrodur-Hartschaumplatten. Zwei Plattenlagen müssen verklebt und mit Gewebebahn und Klebemörtel verkleistert werden. Am Ende des Arbeitstages steht dann hoffentlich, je nach Fingerfertigkeit, ein un- oder regelmäßiger Hexaeder zur Aushärtung bereit. Morgen, am Dienstag werden dann die Fliesenteilchen …
Von der modischen Arbeitskluft wurde heute nur die IT-Gruppe verschont. Im angenehm temperierten Computerkabinett hatte diese Gruppe die Aufgabe, Präsentationen zu einem selbstgewählten Thema anzufertigen. Die Ideen waren vielfältig, von der Bundesliga über Motocross, Haustiere, Tischtennis bis zur Ernährung. Die eigene Präsentation darf den anderen ITlern dann vorgestellt werden, ob sie wollen oder nicht 😉 !
Um 14.15 Uhr war der erste Arbeitstag geschafft und es „ging“ zurück nach Lehnin.
Donnerstag, 30.11.2017
Treffpunkt: 7.45 Uhr am Busplatz in Lehnin, Abfahrt 7.57 Uhr mit der Buslinie 550. Noch nicht allen kommt ein freundliches “Guten Morgen!” über die Lippen. Ist ja noch früh – oder uncool. Heute betreue ich die Praktikumsgruppen im ZfG(1) in Götz. Hatte ich auf der Hinfahrt ein Déjà-vu, oder führte die Bustour tatsächlich zwei Mal durch Bochow? Na egal, irgendwie kamen wir dann doch in Götz an und beide Gruppen begaben sich an ihre Arbeitsorte: “Bereich Farbe” (Malerwerkstatt) und “Bereich EDV”. Neben der Arbeitskleidung, die besonders im “Bereich Farben” die Zivilkleidung vor unerwünschten Farbveränderungen schützt, kleidet ein hellgrünes T-Shirt alle Praktikanten. Nein, nicht alle, denn Leo(nie) verweigert sich der Einheitsbekleidung. Meinen vorsichtigen Einwand, dass dieser Maßnahme doch sicherlich eine handwerkskammerliche Tradition innewohnt, schmettert die Genervte ab: “Meine Mama hat gesagt, ich muss nur anziehen, was ich will!” Hmm, was kann ich einem solchen Argument schon entgegensetzen?
In der Malerwerkstatt werden heute die Übungsplatten zum zweiten Mal grundiert, bevor dann in einer Wickeltechnik (kannte ich bisher nur aus der Babyphase meiner mittlerweile erwachsenen Jungen) der Hintergrund gestaltet wird. Nach einer durchaus sinnvollen Trocknungsphase werden dann die Motive mit einer Schablonentechnik aufgetupft. Die handwerkliche Herausforderung besteht darin, eine eigene Schablone aus einem Fundus von Vorlagen nachzubilden, also auf Pappe aufzumalen und dann so exakt wie möglich auszuschneiden.
Komme gerade von den Künstlern. Die größten Schwierigkeiten gibt es nicht bei der Umsetzung der Wickeltechnik, denn hier ist Gleichmäßigkeit gefragt, oder dem Ausschneiden der Schablonen mit einem feinen Skalpell, nein, das “Dritteln” der Fläche in gleichmäßige Abschnitte – das ist höhere Mathematik und damit nichts für einige Achtklässler.
Im Bereich EDV ist es erst einmal gemütlich – warm, trocken und man sitzt auf ergonomisch hervorragendem Mobiliar an den PCs. Nicht zu vergleichen mit dem puristischen Gestühl in 117 und 118. Die Kenner wissen, was ich meine! Die heutige Aufgabe besteht darin, eine Präsentation zu einem selbstgewählten Thema zu erstellen – Bedingungen: 15 Folien, Animationen und schöne Folienübergänge. Ich sitze in der letzten Reihe und habe die Bildschirme im Blick. Ich kann Bambi und Klopfer erkennen, die Simpsons, Garfield, Pu den Bären und seine Freunde, Pferde und
Wölfe (natürlich in verschiedenen Präsentationen), Protagonisten aus “South Park” und sogar Familie Feuerstein. Außer den Mausklicks und dem Lüfterrauschen der PCs hört man nichts, das ist mal ‘ne Ruhe. Der EDV-Chef hat wohl am ersten Tag klare Ansagen gemacht. Heute reichte ein: “Stöhn nicht so laut!”
Gleich, um 13.30 Uhr, ist Feierabend, denn ein ca. fünfzehnminütiger Rückweg zur Bushaltestelle stellt die letzte Herausforderung dieses Praktikumstages dar. Und wir wollen ja nicht den Bus verpassen…
Montag, 4. Dezember 2017
Heute wartete ein besonderer Bereich auf die SchülerInnen und auch mich – ich nenne ihn mal „Nagelstudio“. An der Friseurmeisterin Janina konnte man sehen, dass sie auch dieses Metier beherrscht. Um das Eis zu brechen erkundigte sich die Meisterin nach Erfahrungen in puncto Nageldesign. Betretenes oder müdes (?) Schweigen. Letztendlich meldete sich einer der beiden Jungen: „Ja, ich habe schon meiner Schwester die Nägel lackiert!“ Da staunte ich nicht schlecht. Die erste Aufgabe bestand darin, Designideen mit Bleistift auf ein A4-Blatt zu bringen. Unglaublich, alle Mädels ohne Schreibzeug, wieder ein Pluspunkt für die Jungs! Auf einen derartigen Schlendrian war die Chefin eingestellt und kam mit einem Becher voller Bleistifte zurück. Nun konnte es losgehen. Die ersten Entwürfe waren noch etwas zaghaft, mit etwas Hilfe lief es dann aber.
Das war der Moment, den Bereich SHK zu besuchen. Sanitär, Heizung, Klima, Kälte – so die offizielle Bezeichnung. Zu meiner Zeit hieß das noch: Gas, Wasser; Sch… – das lassen wir mal lieber. Der Meister für Metallbau ließ die Praktikanten gerade mittels Holzfeilen die Ecken ihrer Holzfaser-Platte abrunden. Das finale Berufsorientierungsobjekt soll ein Rohrverbindungssystem mit entsprechenden Halterungen auf einer MDF-Platte sein. Klingt kompliziert, ist es auch – für einige Schülerhände. Kaum begonnen, beendete die erste Pause alle Schaffenskraft.
Nach der Pause besuchte ich wieder die Nageldesigner. Inzwischen war man zu farbigen Entwürfen übergegangen – ein gewisser Quantensprung und der Startschuss zum praktischen Teil des Tages. Arbeitsmittel in diesem Bereich waren: Rondell, Nagellack und Entferner; Zelletten (ein völlig neuer Begriff in meiner Welt) und Zahnstocher. Im ersten
praktischen Teil sollte jeder zweite Rondell-Nagel mit einer Volllackierung versehen werden. Das lief soweit gut, also zurück zu SHK. Hier hatte man schon große und kleine Löcher in die Platte gebohrt. „Die Großen gehen besonders schwer!“ – so die begrüßende Botschaft. Das wurde an einem Testbrett gleich mal demonstriert. Arbeitsmittel: Akku-Schrauber und 90° Kegelsenker. Nach den Holzarbeiten sollte die Auseinandersetzung mit dem schnöden Metall folgen. ¼ Zoll-Rohre auf Länge bringen, war angesagt. Hilfsmittel: Metallbügelsäge und Rohrabschneider. Aber erst einmal war Mittagspause.
Gestärkt und ausgeruht konnte es dann an die Rohrbearbeitung gehen. Die entsprechenden Arbeitsmittel hielten einige Schüler wohl zum ersten Mal in der Hand. Irgendwie bekam man die Rohre schon kurz, aber “gerade” war irgendwie anders. Den Rest würde schon die Feile schaffen …
Im Bereich „Nagellack“ stand die nächste Aufgabe an: French-Look oder wie ich fälschlicher Weise formulierte „French-Style“. Wurde aber sogleich auf meine Ahnungslosigkeit hingewiesen. French-Style, wie kam ich bloß darauf? Wahrscheinlich von einer Pizza im „American-Style“. Kam ja gerade aus der Mittagspause…
Letzte Designaufgabe: die eigenen Entwürfe auf das Rondell bringen. Der Kreativität waren nun keine Grenzen gesetzt.
Und schon war wieder Feierabend. Der zwischenzeitliche Regen hatte sich verzogen und Sonnenschein begleitete uns auf dem “Heimweg”.
Donnerstag, 7. Dezember 2017
„Tag 4“ meiner Praktikumbetreuung und der vorletzte Tag des Praktikums für die Achtklässler. Während es den Einen „reicht“, könnten andere noch weiter machen: „Besser, als Schule!“ Gestern Mittag wechselten die Gruppen ihre Tätigkeitsbereiche.
Tagesaufgabe bei den „Rohrspatzen“ (SHK): Lange Rohre in kleine Abschnitte sägen, entgraten, Gewinde schneiden und letztendlich die Rohrstücke biegen. Ein Blick in die Runde – Begeisterung sieht anders aus. Na mal sehen, ist ja noch früh. Auf der Werkbank verteilten sich die verschiedensten Werkzeuge. Mein Blick fiel auf eine Gewindeschneidkluppe. Mal das gerade gelernte abfragen, dachte (typisch) der Lehrer und hielt einigen Mädchen die Kluppe vor die Nase. „Irgend was mit Wind!“ lautete die nicht ganz falsche Antwort.
Große Unterscheide beim Körpereinsatz führten schon bis zur Frühstückspause zu divergierenden Fertigungsergebnissen. Das setzte sich bis zur Mittagspause fort. Lobenswert war die gegenseitige Hilfe und Unterstützung für die Bummelanten.
Zwischenzeitlich gab es auch einige Rückschläge. Dem Krafteinsatz einer Schülerin war scheinbar kein Kraut (Rohr) gewachsen. Mit einigem Geknirsche gab das Rohr nach und trennte sich vom Gewinde. Kann ja mal passieren, dachte sich auch der Meister muss man eben noch mal ran. Keine fünf Umdrehungen später knackste es wieder verdächtig und unsere „Kriemhild“ sank frustriert auf ihren Hocker. Der Meister kommentierte das nur kurz: „Das schaffen sonst nur Kerle!“ Die genauere Untersuchung der Rohrverstümmelung ergab folgendes: Durch einen nicht nachvollziehbaren Umstand hatte die Bemitleidenswerte aus all den Rohren eines mit einer dünneren Wandstärke erwischt. Dumm gelaufen.
Ein Abenteuer war die Rohrbiegemaschine. Vor dem Spaß kam aber die Arbeit, mittels Trichter musste feiner Sand in die Rohre gefüllt werden. Als förderlich erwies sich der Umstand, dass die Rohrenden mit einem Gewinde versehen waren. So verhinderte ein aufgeschraubter Fitting das Durchrieseln des Sandes und damit das Abknicken des Rohres während des Biegevorganges. Aber auch hier gab es Opfer. Bei einer Schülerin gab das Rohr während des Biegens auf und zerbrach in zwei Teile. Bei derselben Schülerin konnte sich der Fitting unter Belastung nicht halten, der Sand rieselte in die Einspannvorrichtung und bildete mit dem Öl eine klebrige Masse. Noch mal dumm gelaufen.
Trotz aller Rückschläge konnten jedoch alle Schüler im Bereich SHK bis zum Feierabend das gesteckte Tagesziel erreichen.
Im zweiten Einsatzbereich ging es heute haarig zu. Aufgabe: Umgang mit Glätteisen und Lockenstab. Um sich nicht gegenseitig die Tagesfrisuren zu ruinieren, wurde erst mal an Puppen geübt, genauer gesagt an Frauenköpfen mit Echthaar. Da störte es dann nicht, wenn das Ergebnis eher unvorteilhaft
aussah. Und ganz ungefährlich ist der Umgang mit solchen “Waffen” ja auch nicht. Dass hier Temperaturen von 180° C und mehr erreicht werden, musste eine Schülerin auf schmerzhafte Weise erfahren. Morgen wird es dann ernst, die Praktikanten gehen dann mit den heißen Frisiergeräten aufeinander los. Immerhin geht ja das Praktikum ins Wochenende über, so können eventuelle „Unfälle“ retuschiert werden.
(1) Zentrum für Gewerbeförderung
(2) Überbetriebliches Ausbildungszentrum
* „Dieses Projekt wird im Rahmen der ‚Initiative Sekundarstufe I‘ (INISEK I) vom Ministerium für Bildung, Jugend und Sport aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds, des Landes Brandenburg und der Bundesagentur für Arbeit gefördert. Die ‚Initiative Sekundarstufe I‘ (INISEK I) unterstützt Kooperationsprojekte zwischen Oberschulen, Gesamtschulen sowie Förderschulen „Lernen“ und außerschulischen Partnern, die der Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit und der schulischen Ergebnisse der Schülerinnen und Schüler dienen sollen. Ein weiteres Ziel ist der Ausbau und die Verstetigung von Kooperationen zwischen Schule und außerschulischen Akteuren und Einrichtungen.“